Die Studentenverbindungen in Deutschland und Österreich überstanden die Verfolgung im Nationalsozialismus mehrheitlich – wenn auch mit großen Schwierigkeiten. Eine traurige Ausnahme machten die jüdischen Verbindungen. Sie gingen samt und sonders unter.
Im Dritten Reich kulminierte eine Katastrophe der europäischen Kultur in Unterdrückung, Krieg, Vernichtung und Vertreibung; weltweite Umwälzungen, die sich teils bereits angedeutet hatten, folgten. Und wärhrend die meisten Verbindungen in den vom Sozialismus befreiten Gebieten ab 1947 allmählich wiedererstehen konnten, gelang das keiner einzigen jüdischen Verbindung. Bis 1933 hatten viele von ihnen in Blüte gestanden, in größeren deutschen Hochschulstädten oft drei oder vier, im Habsburgerreiches deutlich mehr. Ihrer aller Entstehung soll Gegenstand dieser kurzen Ausführungen sein, die lediglich zum Thema hinführen, es aber keinesfalls erschöpfend behandeln können. Die 80. deutsche Studentenhistorikertagung, die im März 2021 in Heidelberg stattfand und in der jüdische Korporationen wie jüdische Korporierte zu Ehren kamen, brachte hier erste Aufschlüsse; von Gregor Gatscher-Riedl erschient jüngst dazu ein wichtiges Buch und ter dem Titel „Von Habsburg zu Herzl“.
Die Geschichte der jüdischen Verbindungen ist untrennbar verbunden mit der der übrigen Korporationen, sie ist einbettet in die Universitätsgeschichte ebenso wie in die der umgebenden Gesellschaft. Ist aber der Antisemitismus an den Universitäten und damit auch in unterschiedlichen Korporationen die Fortschreibung des seit der Spätantike bekannten Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert – nur im neuen Gewand? Eher nein. Der Ursprung des aufkommenden Antisemitismus unter Studenten jedenfalls ist nicht an den Universitäten zu suchen, denn nach Art eines Virus schlich er sich ab der Jahrhundertmitte in die Gesellschaft ein; ab 1863 war die Scheinlehre von indogermanischen, von „arischen“ Herrenmenschen in der Welt.[1]
Ein gesellschaftliches Grundproblem
Die Errichtung des „wilhelminischen“ Kaiserreichs, die am 18. Januar 1871 proklamiert wurde, barg für Deutsche jüdischen Glaubens enorme Möglichkeiten, denn mit der Verabschiedung der Reichsverfassung vom 16. April 1871 war eine klare, rechtlich fassbare Gleichstellung aller Bürger entstanden, die Diskriminierung jüdischer Bürger von Staats wegen war ausgeschlossen.[2] Und deutsche Studenten jüdischen Glauben nahmen diese Chance durchaus wahr, ihnen stand „nahezu die ganze Korporationswelt offen“.[3] Zugleich wird der Hintergrund sichtbar, vor dem sich wenig später die Korporisierung vieler jüdischer Studenten vollziehen sollte. Sie ergeben sich aus der sozialen Struktur und der gesellschaftlichen Schichtung im Wilhelminischen Kaiserreich. Höchst aufschlußreich sind hier die Ausführungen, die Norbert Elias zur damaligen Gesellschaft macht: „Hohe Beamte und Militärs hatten ganz entschieden einen höheren sozialen Rang als reiche Kaufleute. Und auch ein einigermaßen wohlhabender Akademiker, etwa ein Rechtsanwalt oder ein Arzt, stand gesellschaftlich höher als ein vielleicht weit reicherer nicht-akademischer Kaufmann oder Unternehmer.“[4]
Alle Hoffnungen auf eine wirkliche Gleichberechtigung für die deutliche Mehrzahl der jüdischen Mitbürger zerschlugen sich indes sehr schnell. Bereits ab der „Gründerkrise“ von 1873 nahm der Antisemitismus rapide zu.[5] Die Ablehnung aus – offenkundig vorgeschobenen – Glaubensgründen kam aus allen gesellschaftlichen Schichten und Kreisen, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, daß die Ursachen „multikausal“ waren:[6] Neid, Verlustängste, die Furcht vor sozialem Abstieg sowie simple religiöse Antipathie schwangen ganz individuell mit.
Diese gesellschaftliche Entwicklung hatte selbstredend auch gravierende Folgen für die überproportional wachsende Gruppe jüdischer Studenten. Durch mehr oder weniger stark antisemitisch geprägte nicht-jüdische Elternhäuser und eine latente Judenfeindlichkeit, zum Beispiel an katholischen Gymnasien, hielt die Judenfeindschaft schließlich auch in die Verbindungen fast aller Couleur Einzug. Die Söhne, die Zöglinge nahmen die erlernten Ansichten mit, wenn sie an die Hochschulen wechselten, und praktizierten sie dort weiter.[7] Das geschah zunächst in Österreich, bald danach auch im Deutschen Reich. Die antisemitischen Stereotype sollten vielerorts zu einer Art Überbietungswettbewerb werden, der durchaus gesellschafts- und parteipolitische Ursachen hatte,[8] aber auch daher rührte, dass eine wachsende Zahl von Menschen im Judentum eine Art Elitedenken, ein Gefühl des „Auserwähltseins“ vermutete.[9] Verstärkt wurde diese Judenfeindschaft an den Universitäten durch die deutlich zu beobachtende Sättigung des Arbeitsmarktes für Akademiker und einer – unterschiedlich starken, aber überall erkennbaren – Überlastung der Universitäten, weswegen durchaus von einer „Überfüllungskrise“ gesprochen werden kann.[10]
Antisemitische Beleidigungen als Gründungsimpuls
Das exponentielle Wachstum der Judenfeindschaft, das aus heutiger Sicht als gesamtgesellschaftliches Problem gesehen werden muss, war dort sehr früh und deutlich zu beobachten, wo dafür eine besondere Empfänglichkeit herrschte – bei den Studenten, die einen Konkurrenzdruck durch jüdische Kommilitonen empfanden.[11] Der Anteil jüdischer Studenten lag siebenmal so hoch wie der jüdische Bevölkerungsanteil, gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es im Deutschen Reich – theologische Fakultäten nicht eingerechnet – pro 10.000 Männern 33 Studenten katholischen, 58 evangelischen, aber 519 jüdischen Glaubens.[12]
Georg Ritter v. Schönerer, ein Österreicher, war es dann, der in einem Anfang 1881 publizierten Aufruf an seine „Deutschen Stammesgenossen“ die Meinung vertrat, es gebe eine „semitische Rasse“, der alle Juden unterschiedslos angehörten.[13] Auf diesen Aufruf reagierten alle österreichischen Verbindungen;[14] über alle Dachverbände hinweg wurde diese Lehre von Unterschieden zwischen der Rasse anerkannt, und der den jüdischen Mitbürgern gegenüber feindliche Grundton in der Gesellschaft, der bereits vorhanden war, drang nach seiner Entstehung auch in die Verbindungen ein. Als fixes Datum in diesem Radikalisierungsprozeß ist der Richard-Wagner-Trauerkommers vom 5. März 1883, bei dem die scharf antisemitischen Reden bei weitem überwogen, im kollektiven Gedächtnis der jüdischen Studenten wie der Judenfeinde verankert.[15] Der Studentenhistoriker Hein schreibt über den Scharfmacher des studentischen Antisemitismus, Schönerer: „Spätestens seit dem Richard-Wagner-Trauerkommers vom März 1883 ist er die Führerfigur der nationalen und damit der Mehrheit der deutschen Studenten gewesen.“[16] Hein betont dabei explizit, „daß der Antisemitismus in seinen Anfängen nicht in den Korporationen entstanden ist, sondern aus verschiedenen Quellen von außen in diese eingedrungen ist“.[17] Nicht übersehen werden darf, dass dieser neue, sich zunehmend rassistische radikalisierende Antisemitismus zugleich auch antiklerikal ausgerichtet war;[18] die römisch-katholische Kirche war ebenso ein Feindbild der Anhänger Schönerers, wie es Mitbürger jüdischen Glaubens waren.
Zum Zeitpunkt des Richard-Wagner-Trauerkommerses hatten einige der ausgegrenzten und diffamierten jüdischen Studenten in Österreich bereits begonnen, auf die antisemitischen Angriffe auf studentische Weise zu reagieren. Sie gründeten die Jüdisch-Akademische Verbindung Kadimah; dies darf damit als quasi prompte Reaktion auf die Verschärfung antisemitischer Töne ab 1879 gesehen werden, wobei die eigentliche Gründung im Oktober 1882,[19] bereits nach „längeren Diskussionen“, vollzogen wurde.[20] Am 23. März 1883 wurde die inzwischen auch den Behörden bekanntgemachte Verbindung von der niederösterreichischen Statthalterei als Vorgang Nr. 11.313 genehmigt.[21] Damit erschlossen jüdische Studenten – zuerst in Österreich-Ungarn[22] – die Kultur der Gesellung unter Gleichgesinnten, die in wechselnden Formen, aber immer nach ein und demselben Prinzip an den Universitäten Mitteleuropas seit deren Gründung ab dem Spätmittelalter entstanden war, ganz explicit für sich.[23] Das ist kaum weniger bemerkenswert als der Gründungsakt an sich. Es ist dieser studentischen Kultur dabei generell zueigen, daß durch die Distinktion, die mittels Couleur und Comment bewirkt wird, eine soziale Angleichung nach oben stattfindet. Der Sozialismus, um eines der wirkmächtigsten Gegenkonzepte zu nennen, erzwingt eine Nivellierung nach unten, eine Gleichmachung oder sogar Gleichschaltung, wo immer dieses Prinzip an die Macht kommt. Es geht um einen Konflikt, der viel später, in den 1970er Jahren, unter anderen Vorzeichen auch in der Bundesrepublik thematisiert werden sollte: Freiheit oder Sozialismus.
Der wichtigste Vordenker
Theodor Herzl wird mit Recht als „Vater des Zionismus“ angesehen. Wegen der antisemitischen Reden auf dem Richard-Wagner-Trauerkommers[24] trat er im Jahre 1883 aus der Wiener Burschenschaft Albia aus.[25] Herzl, der in seiner Schrift „Der Judenstaat“ und mit dem Roman „Altneuland“ eine Vision für den heutigen Staat Israel entwickelt hatte,[26] ist aus studentenhistorischer Sicht von höchstem Interesse, und zwar durch das Zusammentreffen mit Kadimahern im Februar 1896 in Wien.[27] Jüdische Korporierte, darunter neben der J.A.V. Kadimah auch die J.A.V. Unitas Wien,[28] sollten binnen weniger Jahre zu den ersten – und wohl auch zu den wichtigsten! – Botschaftern der Idee eines eigenständigen jüdischen Staates werden.[29]
Die erste jüdische Verbindung im Deutschen Reich, die Viadrina, entstand im stark mit Österreich verbundenen Breslau am 13. Oktober 1886;[30] gewiß kein Zufall war die Wahl der Farben: Schwarz, Rot und Gold sollten an Vormärz und die 1848er-Zeit erinnern. Zwar wurde die Viadrina bereits 1894 vor allem wegen ihrer unbedingten Satisfaktion, die sie für alle antisemitischen Beleidigungen einforderte, von Rektor und Senat aufgelöst,[31] eine lange Reihe jüdischer Verbindungen an fast allen deutschen Hochschulen – jüdisch-nationale wie zionistische – sollte jedoch folgen. Die Idee setzte sich schnell und fast allerorten durch.
Formal orientierten sich alle jüdischen Verbindungen an den hergebrachten Formen, die sie bei ihren Kommilitonen beobachten konnten. Dazu schreibt Matthias Stickler: „Dabei ist es überaus bemerkenswert, dass jüdische Studierende (…) Organisationsformen, Wertvorstellungen und symbolische Praktiken des traditionellen Verbindungswesens übernahmen und weiterentwickelten.“[32] Diese Erkenntnis hat nun Sabrina Lausen hat in ihrer Promotionsschrift bestätigt.[33] Sie vertritt die These, daß es dabei zumindest teilweise auch diese Kultur an sich war, die attraktiv war: „Tatsächlich schien sich die korporierte jüdische Minorität auf den deutschen Hochschulen trotz aller Angriffe mit dem[34] durch die Erziehung in den Verbindungen vermittelten Empfindens- und Verhaltenskanon identifizieren zu können. Dieser Umstand zeugt m. E. nicht von einem widersprüchlichen Verhalten jüdischer Studierender, sondern vielmehr von der elite- und schichtsoziologischen Multifunktionalität der studentischen Verbindungen, die Dimensionen besaß, die völlig unabhängig von jeder antijüdischen Problematik und jedem konfessionellen Hintergrund waren und die Verbindungen auch für jüdische Hochschüler als Sprungbrett in die gesellschaftliche Elite attraktiv machte.“[35] Das ist zusätzlich von Bedeutung, weil es gegen Juden ganz allgemein Vorbehalte gab, die auf ästhetischem Empfinden beruhten – es gab, heute kaum mehr vorstellbar, einen „ästhetischen Antisemitismus“, der vor allem jüdische Zuwanderer betraf, die aus Osteuropa einwanderten.[36] Und erst mit einer gewissen Etablierung jüdischer Verbindungen traten dann zunehmend auch Söhne alteingesessener jüdischer Familien in diese Verbindungen ein.[37] Die Motivation zum Beitritt zu einer Verbindung dürfte für junge, aufstrebende Studenten die große Lethargie gewesen sein, mit der die älteren Generationen in vielen arriviert-bürgerlichen Familien auf die zunehmenden antisemitischen Anfeindungen reagierten.[38] Als Protestreaktion verselbständigte also sich die jüdische studentische Kultur – ganz wie zuvor die übrige, nichtjüdische – in zunehmendem Maße;[39] ein Generationenkonflikt wird hier durchaus erkennbar. Der Wiener Unitarier und Alter Herr des Corps Marchia Wien, Fritz Roubicek, formulierte seine Motivation zu Studentenzeiten wie folgt: „Ich bin österreichischer Staatsbürger, gehöre dem jüdischen Volk an und entstamme dem Wiener Kulturkreis.“[40] Zeitlebens blieb Roubicek begeisterter Korporierter, offen gegenüber jederman[41] – und das als Überlebender des KZ Auschwitz.
Ganz unabhängig von jedweder Glaubensfrage – war ab der Gründung der Korporationen zu allen Zeiten zu bemerken, dass in den Fakultäten der Medizin und der Jurisprudenz schwerpunktmäßig Korporierte anzutreffen waren. Hier ergibt sich nun eine Koinzidenz, die in der Religionsgeschichte begründet ist. In den meisten Staaten war allen Menschen jüdischen Glaubens bis weit ins 18. Jahrhundert hinein die Ausübung von Handwerksberufen verboten. Aus dieser – damals ganz gewiß noch sehr präsenten – Erfahrung heraus waren die freien Berufe des Arztes und des Rechtsanwaltes nolens volens bevorzugte Lebensziele für Studenten jüdischen Glaubens. Sie waren damit exakt in den für die Korporationen besonders attraktiven Studienrichtungen besonders zahlreich vertreten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf die Idee kommen würden, sich ebenfalls in Korporationen zu versammeln, um ihren sozialen Aufstiegs zu befördern, lag auf der Hand. Die von Asch, Stickler, Lausen und anderen vertretene These zur Wirkmacht des studentischen Brauchtums für jüdische Korporierte ist gerade deswegen eine wichtige Erkenntnis, auf die die kommende Forschung aufzubauen sein wird.
Sebastian Sigler
[1] Asch, Adolph, Der Kampf des Kartellverbandes jüdischer Korporationen (K.C.) gegen den Antisemitismus, in: Einst und Jetzt, 16. Band – Jahrbuch 1971 des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung, S. 147.
[2] Reichsverfassung vom 16. April 1871, Teil II, Artikel 3.
[3] Bertrams, Kurt U., Der Kartell-Convent und seine Verbindungen, Hilden 20092, S. 17.
[4] Elias, Studien über die Deutschen, S. 62; ders. gehörte einer jüdischen Verbindung Hasmonäa Breslau an, zu der aber fast nichts bekannt ist.
[5] Zum Gegensatz von Assimilation im jüdischen Bürgertum und umgebenden Antisemitismus: Rürup, Reinhard, Emanzipation und Antisemitismus, Göttingen 1975, hier: unveränderter ND Frankfurt am Main 1987 S. 78 f.; ders., S. 128, nennt die gesellschaftlichen Ursachen für die Entwicklung; sowohl für Österreich als auch für das Deutsche Reich konstatiert er eine schnelle Verbreitung des Antisemitismus „unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise, des Kulturkampfes und des Niederganges des Liberalismus“.
[6] Greive, Hermann, Geschichte des modernen Antisemitismus in Deutschland, Darmstadt 1983, S. 191.
[7] Vgl. dazu: Hein, Studentischer Antisemitismus in Österreich, S. 78.
[8] Asch, Kampf des K.C., S. 149.
[9] Horvilleur, Delphine, Überlegungen zur Frage des Antisemitismus, Berlin 2020, S. 95 ff.
[10] Bertrams, Kartell-Convent, S. 13.
[11] Schindler, Thomas, Der Kampf des Kartell-Convents (K.C.) gegen den Antisemitismus, in: Einst und Jetzt, Jahrbuch für corpsstudentische Geschichtsforschung, Bd. 36, 1991, S. 191.
[12] Lossen, Wilhelm, Der Anteil der Katholiken am akademischen Lehramt in Preussen. Nach statistischen Untersuchungen, Köln 1901, S. 114, zit. nach: Bertrams, Kartell-Convent, S. 13.
[13] Seewann, Harald, Das Waidhofener Prinzip. Die versuchte Ehrabsprechung Juden gegenüber als Manifestation studentischen Antisemitismus an österreichischen Hochschulen im Jahre 1896, in: Einst und Jetzt, Jahrbuch für corpsstudentische Geschichtsforschung, Bd. 40, 1995, S. 149.
[14] Hein, Studentischer Antisemitismus in Österreich, S. 55 – 71.
[15] Zum Richard-Wagner-Trauerkommers: Seewann, Harald, Der Richard-Wagner-Trauerkommers am 5. März 1883. Eine Dokumentation, Graz 2016.
[16] Hein, Studentischer Antisemitismus in Österreich, S. 78.
[17] Ebd., S. 78.
[18] Seewann, Waidhofener Prinzip, S. 154; ebd., S. 156.
[19] Die Gründer sind die Wiener Studenten der Medizin, Moritz Tobias Schnirer (1861 – 1941), und der Jurisprudenz, Nathan Birnbaum (1864 – 1937), sowie der Arzt Ruben Bierer (1835 – 1931), der bereits in Lemberg einen Verein gegründet hatte, der der Emanzipation der Juden dienen sollte; vgl. dazu: Gatscher-Riedl, Gregor, Das Band der Freiheit schlinge sich um Juda’s edle Reste“, in: David – Jüdische Kulturzeitschrift, Nr. 113, Juni 2017, am 10. August 2020 abgerufen unter: https://davidkultur.at/artikel/azdas-band-der-freiheit-schlinge-sich-um-judaas-edle-resteaoe.
[20] Sehr detailliert zur Geschichte der A.V. Kadimah: Seewann, Harald, Die Geschichte der Kadimah, in: ders. (Hrsg.), A.V. Kadimah – Fundstücke zur Chronik der ältesten jüdisch-nationalen Verbindung (1882 – 1938), Graz 2017, S. 13 – 23; der gesamte Band stellt eine gewaltige Quellensammlung zur genannten Verbindung dar.
[21] Zur Kadimah Wien: Seewann, Harald, A.V. Kadimah. Fundstücke zur Chronik der ältesten jüdisch-nationalen Studentenverbindung (Wien 1882 – 1938). Eine Dokumentation, Historia Academica Judaica, Folge 10, Graz 2017; ders., Theodor Herzl, seine Vision ‚Der Judenstaat’ und die jüdisch-nationalen Korporierten, in: Platzer, Peter / Neuß, Raimund, Wien – Auschwitz – Wien. Fritz Roubicek zum Gedenken, Vierow bei Greifswald 1997, S. 136 – 152, hier S. 137: „Die Kadimah war der erste Versuch, die gesamte jüdische Studentenschaft für die geistige und politische Wiedergeburt des eigenen Volkes zu gewinnen.“ Bemerkenswert hieran ist, daß der Gedanke, die jüdische Religion könne eine eigenständige Begründung dafür sein, ein politisches Staatswesen zu begründen, hier sehr früh und sehr klar in einer Weise sichtbar wird, die dann auch tatsächlich in einen praktisch-pragmatischen Zionismus übergehen sollte; ders., Waidhofener Prinzip, S. 156.
[22] Zu den jüdischen Verbindungen in Österreich: Winkler, Martin, Jüdische Verbindungen in Österreich, in: Weber, Peter Johannes (Hrsg.), Die Vorträge der 8. Internationalen Studentenhistorikertagung Basel 2016, Documenta et Commentarii Nr. 32, Bern 2018, S. 115 – 132.
[23] Kurt Bertrams weist darauf hin, daß es Hinweise auf kurzlebige jüdische Verbindungen gibt, die zwischen 1836 und 1841 in Wien, Prag und Berlin existierten, vgl: Bertrams, Kartell-Convent, S. 34.
[24] Zum Richard-Wagner-Trauerkommers: Seewann, Harald (Hrsg.), Theodor Herzl und die akademische Jugend. Eine Quellensammlung über die Bezüge Herzls zum Korporationsstudententum, Graz 1998, S. 20 – 23.
[25] Ebd., S. 23 – 27.
[26] Seewann, Theodor Herzl, seine Vision „Der Judenstaat“ und die zionistisch-nationalen Korporierten, S. 139.
[27] Zu Theodor Herzls Biographie: Seewann, Theodor Herzl und die akademische Jugend, passim; Schnirer, Moritz T., Festrede am Kommers zur Feier des 100. Semesters der Akademischen Verbindung Kadimah Wien, Zionistisches Zentralarchiv Jerusalem, Sign. A 196/19, in: Seewann, Harald, Zirkel und Zionsstern, Bd. 5, Graz 1996, S. 12 – 20, hier: S. 16 f.; Weiner, Jakob, Festrede zum 75-Jahr-Jubiläum der A.V. Kadimah Wien, in: Seewann, Harald, Zirkel und Zionsstern, Bd. 5, Graz 1996, S. 33 – 41, hier: S. 36 f.
[28] Vgl.: Seewann, Theodor Herzl und die akademische Jugend, S. 43; bei der J.A.V. Unitas Wien sollten später zum Beispiel der Dichter Arthur Koestler, der Verleger und Diplomat Lord George Weidenfeld und der studentenhistorisch engagierte Fritz Roubicek aktiv werden.
[29] Schalit, Isidor, Erinnerungen, maschinenschriftl. Manuskript, Central Zionist Archives Jerusalem, Sign. A 196 / 25, in: Seewann, Harald (Hrsg.), Zirkel und Zionsstern, Bd. 3, S. 17 f.; ders., Theodor Herzl und die akademische Jugend, S. 42 – 45; ders., Theodor Herzl, seine Vision „Der Judenstaat“ und die zionistisch-nationalen Korporierten, S. 139.
[30] Stickler, Matthias, Jüdische Studentenverbindungen. Anmerkungen zu einem zu wenig beachteten Thema der Universitäts- und Studentengeschichte, in: Einst und Jetzt, Jahrbuch für corpsstudentische Geschichtsforschung, Bd. 61, 2016, S. 11; Schindler, „Was Schandfleck war…“, S. 340.
[31] Stickler, Jüdische Studentenverbindungen, S. 12; ebd. auch der Vermerk, daß ein Altherrenverband der Viadrina fortbestand, der später dem K. C. beitrat.
[32] Stickler, Jüdische Studentenverbindungen, S. 11.
[33] Lausen, Sabrina, „Hüter ihrer Nationen“ – Studentische Verbindungen in Deutschland und Polen im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Abhandlungen zum Studenten- und Hochschulwesen, Köln 2020.
[34] Im Originaltext: „der“
[35] Lausen, Hüter ihrer Nationen, S. 55.
[36] Bertrams, Kartell-Convent, S. 23 – 26.
[37] Seewann, Waidhofener Prinzip, S. 156.
[38] Ebd.
[39] Unfreiwillig bestätigten das sogar die radikalsten Gegner der jüdischen Studenten, so etwa Florian Albrecht, Mitglied der Burschenschaft Germania Wien, im März 1886 in der von v. Schönerer herausgegebenen Zeitschrift „Unverfälschte deutsche Worte“, und zwar in einem Aufsatz mit dem Titel: „Ist der Jude satisfaktionsfähig oder nicht?“ Darin äußerte er, der Jude folge nach der ganzen Geistesart seiner Rasse gewiß nicht einem inneren Bedürfnis, sondern lediglich dem gesellschaftlichen Zwang, um sich in der Gesellschaft behaupten zu können: „Während für den edlen Charakter, vor allem für den Deutschen, dessen Wesen er am meisten entspricht, der Zweikampf eine moralische Handlung ist, tief begründet in der individuellen volklichen Anschauung und Anlage, wird er beim Juden zu einer sogenannten ‚konventionellen Lüge“, da ihm das psychologische Verständnis dafür fehlt, ihm diese Volkssitte ebenso unverständlich ist, wie manches Andere. Dem Juden Genugtuung zu geben heißt also, ihm Vorschub zu leisten zu seiner gesellschaftlichen Lüge (…).“ Zitiert nach: Seewann, Waidhofener Prinzip, S. 162.
[40] Schindler, Thomas, Wien – Auschwitz – Wien. Der Lebensweg von Fritz Roubicek, in: Platzer, Peter / Neuß, Raimund, Wien – Auschwitz – Wien: Fritz Roubicek zum Gedenken, Vierow bei Greifswald 1997, S. 95.
[41] Seewann, Harald, Fiducit Brünndel! Erinnerungen an einen jüdisch-nationalen Waffenstudenten, in: Platzer, Peter / Neuß, Raimund, Wien – Auschwitz – Wien: Fritz Roubicek zum Gedenken, Vierow bei Greifswald 1997, S. 103 – 105; Schenker, Norman P., „Brünndel“ (Ein Psychogramm), ebd., S. 101 f.; „Brünndel“ war Roubiceks Biername.
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