Friedrich-Wilhelm von Prittwitz und Gaffron hat als einer der Ersten im März 1933 klare Kante und widerständige Haltung gegen Adolf Hitler und sein NS-Regime gezeigt. Und das als einziger deutscher Spitzendiplomat. Genau 91 Jahre ist das jetzt her.
Schon lange bevor im Februar 1933 Hitler seine ersten Erlasse als ernannter Reichskanzler herausgab, hatte Prittwitz die politische Tendenz der neuen deutschen Regierung erkannt. Zwar hatte er die Kaiserzeit als junger Mensch erlebt, aber war überzeugter Demokrat. Seine diplomatische Karriere verlief steil, bereits seit 1927 war er Botschafter des Deutschen Reiches in den Vereinigten Staaten. Seine eigenen, demokratischen Auffassungen und Wertvorstellungen waren völlig unvereinbar mit Hitlers Weltbild. So bat er, auf einem Höhepunkt seiner Karriere angelangt, am 6. März 1933 um die Entbindung von seinem Posten als deutscher Botschafter in Washington D.C., USA.
Günter Moltmann hat den mutigen des Botschafters Prittwitz in einem 1992 erschienen Aufsatz wie folgt kommentiert: „Seine Existenz war die eines vom politischen Tagesgeschehen abgehobenen Bürgers, der sich mit Geduld gewappnet hat, gegenüber dem Unrechtsstaat kompromisslos eingestellt ist, in strenger Selbstdisziplin verharrt, naheliegende Emotionen unterdrückt. Wenn man will, verkörperte er den ‚echten Aristokraten’: in der Gesinnung unbeugsam, für die handfeste Auseinandersetzung zu nobel, persönlichen Gefahren gelassen in die Augen sehend.“ Der Widerstandskämpfer v. Prittwitz wird in unserem Band Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler ausführlich gewürdigt.
Über den Brücklmeierverein
Der Brücklmeierverein hat sich zum Ziel gesetzt, ein ganz wesentliches Element der studentischen Gesellung in Korporationen, die Distinktion nämlich, im Hinblick auf die Abwehr totalitärer Tendenzen in Staat und Gesellschaft zu untersuchen. Direkt führt dieser Ansatz vom Widerstand gegen staatliche Willkür über die Offenlegung totalitärer Tendenzen und Strukturen in der Gesellschaft zur Erklärung des Wesenskerns studentischer Gesellung. Die Verbindung unter Gleichen unter demokratischen Gesetzmäßigkeiten in Freiheit und Brüderlichkeit wird dadurch exemplarisch faßbar. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Untersuchung und Dokumentation der Abwehr staatlicher Bevormundung ab dem späten 18. Jahrhundert sowie Protest und Kampf Korporierter gegen alle Formen sozialistischer und kommunistischer Diktatur von Hitler bis Honecker.
Unsere erfolgreiche Veröffentlichung, bereits in 2. Auflage
Sebastian Sigler (Hg.), Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler, Berlin 2914, bereits in der zweiten Auflage 2015, geb., 511 Seiten, SU, vier Lesefäden, 39,90 Euro, ISBN 978-3-428-14319-3
Der Widerstand im Dritten Reich, am 20. Juli 1944 schlagartig sichtbar, ist ab spätestens 1937 als dynamisches Netzwerk von Menschen faßbar. Darin gab es eine Vielzahl von Verknüpfungen: Verwandtschaft, Internate, kirchliches Engagement – oder auch ein Corps. Sieben Jahrzehnte nach dem Sturz Hitlers ist die Frage, wie der Widerstand gegen den Nationalsozialismus strukturiert war, aktueller denn je. Noch in der Nachkriegszeit, teils bis in die 1960er Jahre, wurden Widerstandskämpfer vielerorts als Verräter angesehen. Heute sind Rolle und Bedeutung derjenigen, die gegen Hitler aufstanden, unstrittig.
Peter Graf Yorck v. Wartenburg, Adam v. Trott zu Solz, Ulrich v. Hassell – der Widerstand im Dritten Reich wurde am 20. Juli 1944 schlagartig offenbar. Die Menschen hinter diesem Widerstand kamen in ihrer Mehrzahl aus fest umrissenen sozialen Gruppen; die drei Genannten gehörten dazu. Im Gesamtnetzwerk des Widerstands geb es eine Vielzahl von gesellschaftlichen Mehrfachbindungen in mannigfaltige soziale Netzwerke: Die Akteure waren miteinander verwandt, kannten sich aus Internaten oder trafen sich später in kirchlichen Kreisen wieder – und diese Verknüpfungen waren zahlreicher als bisher bekannt. Durch viele direkte und indirekte Kontaktflächen nahmen hier die korporierten Studenten, insbesondere die über 40 Corpsstudenten, eine erkennbare Rolle ein.
Die Mehrzahl derer, die in dem Band „Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler“ mit einem Lebensbild gewürdigt werden, konnte über verschiedene Anknüpfungspunkte im Netzwerk des Widerstandes erreicht werden und selber agieren. Im Netzwerk des Widerstands waren sicher die gemeinsame Internatszeit oder die Mitgliedschaft im Johanniterorden sicher von großer Bedeutung. Doch auch die zu Studienzeiten erworbene lebensgeschichtliche Klammer durch die ihnen allen gemeinsame Mitgliedschaft in einem akademischen, einem „Kösener“ Corps konnte in individuellen Einzelfällen Wirksamkeit entfalten – gegen eine übergroße Mehrheit, auch unter den Corpsstudenten, die dem Nationalsozialismus nichts entgegensetzte oder ihn begrüßte. Und dementsprechend ist auch eine große Zahl von Tätern aus den Reihen der Korporierten – auch solche, die zu Studienzeiten einem Corps beigetreten waren – bekannt. Auf der anderen Seite aber ist es, und darum geht es hier, nunmehr eine gesicherte Tatsache, daß sich im näheren oder weiteren Umfeld Stauffenbergs und in weiteren Kreisen des Widerstands gegen Hitler einige Corpsstudenten und Angehörige anderer Dachverbände befanden; ihnen ist „Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler“ gewidmet.
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