Thema des Monats: Studentisches Kultbuch erklärt Netzwerk-Idee
August Jägers „Felix Schnabels Universitätsjahre oder: Der deutsche Student“ liegt eine einzigartige kulturhistorische Idee zugrunde. Hier wird erstmals die Topographie eines manifesten studentischen Netzwerkes von Verbindungen aufgezeigt, das sich in ständigem Konflikt mit den Landesfürsten befand, die die Kontrolle über ihre Universitäten ausübten und zumeist im Metternichschen Geist der Unterdrückung bürgerlicher Freiheiten agierten.
Gelungene Neuausgabe: Kahmanns Felix Schnabel
Konkret geht es in diesem Buch um die nachmaligen Kösener Corps in den Jahren um 1830, die hier mit lexikalischer Präzision, aber in einer Art literarischer Bedeutungsperspektive beschrieben werden. Für alle Korporierten ist dieses Buch eine höchst ertragreiche Lektüre, denn der Autor sortiert die Hochschulstädte nach ihrem Einfluß auf das frühe Corpsstudententum, und die Corps sind die ältesten Korporationsform, nolens volens werden sie als Vorbilder gesehen, und sei es auch nur in formaler Hinsicht. Und wie spannend: der heutige Kösener Senioren-Convents-Verband ist bereits ganz genau erkennbar, bis hin zur exzentrischen Attitude der Protagonisten! Zur Handlung:
Felix Schnabel ist ein hochintelligenter Goldjunge – so denken seine Eltern. Alle seine Schwierigkeiten können nicht an ihm liegen – so denken seine Eltern. Und natürlich haben sie für alles gesorgt – so denken diese Eltern. August Jägers Roman beweist auf spielerisch-leichte Weise, wie schädlich Helikoptereltern auch im frühen 19. Jahrhundert sein konnten. Am Ende versumpft Felix, der ach so perfekte Goldjunge, vollkommen im studentischen Leben, und geht schließlich als Söldner nach Griechenland. Das Ende aller Hoffnungen. Für den Leser, der alle die puerilen Scherze und studentischen Verirrungen ja schon kennt, ist dies alles längst keine Überraschung mehr. Der Lesespaß ist enorm, denn der Autor führt leichtfüßig, kompetent und mit knochentrockenem Humor in die Sprache und Welt des Verbindungslebens ein. Weil sie die ältesten Verbindungen sind, ist es logisch, daß er das am Beispiel der alten Corps tut, die sich wenige Jahre darauf, 1848, in Jena zum KSCV zusammenschließen sollten, um fürderhin jährlich zu Pfingsten im nahen Bad Kösen zu tagen. Der Jensche Franke Kahmann hat dieses bedeutende Stück Studentenliteratur nun neu herausgebracht.
Über den Brücklmeierverein
Der Brücklmeierverein hat sich zum Ziel gesetzt, ein ganz wesentliches Element der studentischen Gesellung in Korporationen, die Distinktion nämlich, im Hinblick auf die Abwehr totalitärer Tendenzen in Staat und Gesellschaft zu untersuchen. Direkt führt dieser Ansatz vom Widerstand gegen staatliche Willkür über die Offenlegung totalitärer Tendenzen und Strukturen in der Gesellschaft zur Erklärung des Wesenskerns studentischer Gesellung. Die Verbindung unter Gleichen unter demokratischen Gesetzmäßigkeiten in Freiheit und Brüderlichkeit wird dadurch exemplarisch faßbar. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Untersuchung und Dokumentation der Abwehr staatlicher Bevormundung ab dem späten 18. Jahrhundert sowie Protest und Kampf Korporierter gegen alle Formen sozialistischer und kommunistischer Diktatur von Hitler bis Honecker.
Unsere erfolgreiche Veröffentlichung, bereits in 2. Auflage
Sebastian Sigler (Hg.), Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler, Berlin 2914, bereits in der zweiten Auflage 2015, geb., 511 Seiten, SU, vier Lesefäden, 39,90 Euro, ISBN 978-3-428-14319-3
Der Widerstand im Dritten Reich, am 20. Juli 1944 schlagartig sichtbar, ist ab spätestens 1937 als dynamisches Netzwerk von Menschen faßbar. Darin gab es eine Vielzahl von Verknüpfungen: Verwandtschaft, Internate, kirchliches Engagement – oder auch ein Corps. Sieben Jahrzehnte nach dem Sturz Hitlers ist die Frage, wie der Widerstand gegen den Nationalsozialismus strukturiert war, aktueller denn je. Noch in der Nachkriegszeit, teils bis in die 1960er Jahre, wurden Widerstandskämpfer vielerorts als Verräter angesehen. Heute sind Rolle und Bedeutung derjenigen, die gegen Hitler aufstanden, unstrittig.
Peter Graf Yorck v. Wartenburg, Adam v. Trott zu Solz, Ulrich v. Hassell – der Widerstand im Dritten Reich wurde am 20. Juli 1944 schlagartig offenbar. Die Menschen hinter diesem Widerstand kamen in ihrer Mehrzahl aus fest umrissenen sozialen Gruppen; die drei Genannten gehörten dazu. Im Gesamtnetzwerk des Widerstands geb es eine Vielzahl von gesellschaftlichen Mehrfachbindungen in mannigfaltige soziale Netzwerke: Die Akteure waren miteinander verwandt, kannten sich aus Internaten oder trafen sich später in kirchlichen Kreisen wieder – und diese Verknüpfungen waren zahlreicher als bisher bekannt. Durch viele direkte und indirekte Kontaktflächen nahmen hier die korporierten Studenten, insbesondere die über 40 Corpsstudenten, eine erkennbare Rolle ein.
Die Mehrzahl derer, die in dem Band „Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler“ mit einem Lebensbild gewürdigt werden, konnte über verschiedene Anknüpfungspunkte im Netzwerk des Widerstandes erreicht werden und selber agieren. Im Netzwerk des Widerstands waren sicher die gemeinsame Internatszeit oder die Mitgliedschaft im Johanniterorden sicher von großer Bedeutung. Doch auch die zu Studienzeiten erworbene lebensgeschichtliche Klammer durch die ihnen allen gemeinsame Mitgliedschaft in einem akademischen, einem „Kösener“ Corps konnte in individuellen Einzelfällen Wirksamkeit entfalten – gegen eine übergroße Mehrheit, auch unter den Corpsstudenten, die dem Nationalsozialismus nichts entgegensetzte oder ihn begrüßte. Und dementsprechend ist auch eine große Zahl von Tätern aus den Reihen der Korporierten – auch solche, die zu Studienzeiten einem Corps beigetreten waren – bekannt. Auf der anderen Seite aber ist es, und darum geht es hier, nunmehr eine gesicherte Tatsache, daß sich im näheren oder weiteren Umfeld Stauffenbergs und in weiteren Kreisen des Widerstands gegen Hitler einige Corpsstudenten und Angehörige anderer Dachverbände befanden; ihnen ist „Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler“ gewidmet.
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