Thema des Monats: 125 Jahre Bildungsrevolution: Frauen erobern die Universitäten
Ein Akt des gesellschaftlichen Widerstands: Frauen erobern sich ihren Platz an den Universitäten, und natürlich gehörte es alsbald dazu, korporiert zu sein. Dieses Bild zeigt im Vordergrund die Chargierten einer Berliner Damenverbindung im Jahre 1916.
Es ist heute kaum mehr vorstellbar. Noch vor etwas mehr als 100 Jahren waren Frauen an Universitäten nicht zugelassen, danach, ganz allmählich, ausnahmsweise. Eine vom Historiker Marco Birn geschriebene und in Heidelberg verlegte Promotionsschrift behandelt den Kampf junger Frauen um das Recht, an einer Universität zu studieren. Eine Studie über einen wichtigen Akt des Widerstands gegen die im 19. Jahrhundert herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse.
In Baden kam vor nunmehr 125 Jahren, im Schuljahr 1898/99, die Wende. Weibliche Schulabgänger mit Reifezeugnis konnten per Gesetz die gleichen Bildungsansprüche einfordern konnten wie männliche Abiturienten – sie konnten studieren! Im Sommersemester 1900 waren erstmals vier Studentinnen an der Ruperto Carola Heidelberg regulär eingeschrieben, indes: immer noch „versuchs- und probeweise“. Doch die Immatrikulation begabter junger Frauen verschaffte der Ruperto Carola einen Vorteil, wie Marco Birn erläutert: „Die Universität Heidelberg war nicht nur ein Vorreiter auf dem Weg hin zu gleichberechtigten Bildungschancen, sie war lange Zeit die bei den jungen Studentinnen beliebteste Universität Deutschlands mit einem weit überdurchschnittlichen Frauenanteil.“ Sehr spannend ist es, nachzulesen, wie es zu dieser Entwicklung kam, wobei der Autor historisch sauber arbeitet und die Frauenbewegung mit Helene Lange an der Spitze einbezieht.
Mithilfe quantitativer Daten zeichnet Birn ein gut überblickbares Strukturbild der ersten Studentinnen. Die stark prosopographisch angelegte Mikroebene zielt eher auf qualitative Aussagen und damit, „auf Motive der Studienwahl, auf Probleme der Identitätsfindung sowie auf Alltagserfahrungen von Studentinnen innerhalb eines männlich dominierten Raumes“, so der Blog HSozKult. Damit ist Birns Arbeit gut umschrieben, und einer weiterführenden Geschlechterforschung sowie ausgreifender soziologischer Seitenaspekte, die einige Kollegen forderten, hat es nicht bedurft, ja, all dies wäre eine Themaverfehlung gewesen. Zweifelsohne werden aber Gender-Studien und soziologische Untersuchung zur weiblichen Bildungsgeschichte folgen, und das ist gut so! Birn hat eine komplette, ausgereifte, rundum gut gelungene Grundlagenstudie vorgelegt, auf die in absehbarer Zeit nicht verzichtet werden kann. Mehr dazu in der Netzzeitung Tabula Rasa.
Über den Brücklmeierverein
Der Brücklmeierverein hat sich zum Ziel gesetzt, ein ganz wesentliches Element der studentischen Gesellung in Korporationen, die Distinktion nämlich, im Hinblick auf die Abwehr totalitärer Tendenzen in Staat und Gesellschaft zu untersuchen. Direkt führt dieser Ansatz vom Widerstand gegen staatliche Willkür über die Offenlegung totalitärer Tendenzen und Strukturen in der Gesellschaft zur Erklärung des Wesenskerns studentischer Gesellung. Die Verbindung unter Gleichen unter demokratischen Gesetzmäßigkeiten in Freiheit und Brüderlichkeit wird dadurch exemplarisch faßbar. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Untersuchung und Dokumentation der Abwehr staatlicher Bevormundung ab dem späten 18. Jahrhundert sowie Protest und Kampf Korporierter gegen alle Formen sozialistischer und kommunistischer Diktatur von Hitler bis Honecker.
Unsere erfolgreiche Veröffentlichung, bereits in 2. Auflage
Sebastian Sigler (Hg.), Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler, Berlin 2914, bereits in der zweiten Auflage 2015, geb., 511 Seiten, SU, vier Lesefäden, 39,90 Euro, ISBN 978-3-428-14319-3
Der Widerstand im Dritten Reich, am 20. Juli 1944 schlagartig sichtbar, ist ab spätestens 1937 als dynamisches Netzwerk von Menschen faßbar. Darin gab es eine Vielzahl von Verknüpfungen: Verwandtschaft, Internate, kirchliches Engagement – oder auch ein Corps. Sieben Jahrzehnte nach dem Sturz Hitlers ist die Frage, wie der Widerstand gegen den Nationalsozialismus strukturiert war, aktueller denn je. Noch in der Nachkriegszeit, teils bis in die 1960er Jahre, wurden Widerstandskämpfer vielerorts als Verräter angesehen. Heute sind Rolle und Bedeutung derjenigen, die gegen Hitler aufstanden, unstrittig.
Peter Graf Yorck v. Wartenburg, Adam v. Trott zu Solz, Ulrich v. Hassell – der Widerstand im Dritten Reich wurde am 20. Juli 1944 schlagartig offenbar. Die Menschen hinter diesem Widerstand kamen in ihrer Mehrzahl aus fest umrissenen sozialen Gruppen; die drei Genannten gehörten dazu. Im Gesamtnetzwerk des Widerstands geb es eine Vielzahl von gesellschaftlichen Mehrfachbindungen in mannigfaltige soziale Netzwerke: Die Akteure waren miteinander verwandt, kannten sich aus Internaten oder trafen sich später in kirchlichen Kreisen wieder – und diese Verknüpfungen waren zahlreicher als bisher bekannt. Durch viele direkte und indirekte Kontaktflächen nahmen hier die korporierten Studenten, insbesondere die über 40 Corpsstudenten, eine erkennbare Rolle ein.
Die Mehrzahl derer, die in dem Band „Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler“ mit einem Lebensbild gewürdigt werden, konnte über verschiedene Anknüpfungspunkte im Netzwerk des Widerstandes erreicht werden und selber agieren. Im Netzwerk des Widerstands waren sicher die gemeinsame Internatszeit oder die Mitgliedschaft im Johanniterorden sicher von großer Bedeutung. Doch auch die zu Studienzeiten erworbene lebensgeschichtliche Klammer durch die ihnen allen gemeinsame Mitgliedschaft in einem akademischen, einem „Kösener“ Corps konnte in individuellen Einzelfällen Wirksamkeit entfalten – gegen eine übergroße Mehrheit, auch unter den Corpsstudenten, die dem Nationalsozialismus nichts entgegensetzte oder ihn begrüßte. Und dementsprechend ist auch eine große Zahl von Tätern aus den Reihen der Korporierten – auch solche, die zu Studienzeiten einem Corps beigetreten waren – bekannt. Auf der anderen Seite aber ist es, und darum geht es hier, nunmehr eine gesicherte Tatsache, daß sich im näheren oder weiteren Umfeld Stauffenbergs und in weiteren Kreisen des Widerstands gegen Hitler einige Corpsstudenten und Angehörige anderer Dachverbände befanden; ihnen ist „Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler“ gewidmet.
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