Dieser Verein bietet eine Plattform an, von der aus wichtige Aspekte der corpsstudentischen Geschichte in ihrem zeithistorischen Bezug zu Kriegen und Konflikten – zum „Widerstand“ in mancherlei Form – erforscht und beschrieben werden können.
Der vom Brücklmeierverein dabei gewählte Forschungsansatz ist durchgängig wissenschaftlich. Bezogen auf die Korporationslandschaft ist dieser Ansatz verbändeübergreifend, nicht zuletzt, weil die ursprünglichen, landsmannschaftlich geprägten Kösener Corps schon bald nach ihrer Stiftung von konkurrierenden oder sie imitierenden Verbindungen umgeben waren. Die Forschungsergebnisse sollen so auf größerer Ebene anwendbar werden, den Belangen des gesamten Korporationswesens in Mitteleuropa soll Rechnung getragen werden. Den Namen für den Verein schlug der Historiker Prof. Dr. Wolfgang Wippermann Hildeso-Guestphaliae Göttingen, Vandaliae Rostock auf einer Historikerkonferenz am 18. Oktober 2008 vor, die zugleich Grüdnungsversammlung des Vereins a.d.H. e./w. CC der Bavaria München war. Die Mitglieder des Vereins haben die Namensgebung einhellig begrüßt.
Corpsstudenten waren Kritiker der Obrigkeit noch in der Zeit des Alten Reichs, entwickelten eigene Traditionen, waren federführend im Paulskirchen-Parlament, der Reichskanzler ab 1871 war Corpsstudent ebenso wie der Kaiser ab 1888. Die Zeiten wandelten sich, Corpsstudenten kämpften an der Front um um ihre Heimat, wurden schuldig im Dritten Reich, stellten gleichwohl etliche der Widerstandskämpfer gegen Hitler, litten später schwer unter dem kommunistischen SED-Regime: In die corpsstudentische Geschichte sind erstrangige Spuren der Ereignisse der vergangenen zwei Jahrhunderte eingeschrieben.
Ein umfassendes Bild ergibt
sich freilich erst, wenn verbändeübergreifend geforscht wird. Der
Widerstand gegen das NS-Regime aus den Reihen der Korporierten ist dabei
das erste Schwerpunktthema, dem sich der Verein widmet. Im Bereich des
Kösener Senioren-Convents-Verbandes liegen bereits erste
Individual-Studien vor. Die Forschungen sollen in möglichst fassbare und
attraktive Buchveröffentlichungen münden. Auch die Positionen anderer
Korporationsverbände, christlicher Orden und der bündische Jugend zu
diesem Thema sollen einbezogen werden.
Wer aus den Reihen der
Corpsstudenten wurde Opfer in den NKWD-Sonderlagern auf deutschem Boden?
Wer starb nach 1945 in Buchenwald? Wen ermordete das SED-Regime? Diese
Fragen sind ein weiterer Themenkomplex, dem sich der Brücklmeier-Verein
widmen wird. Und wie sehen die Gesichter derjenigen unter den
Korporierten aus, die Hitlers Verführung erlagen? Gab es korporierte
Massenmörder? Aus welchen Verbänden kamen sie? Dieser Frage müssen sich
auch Kösener Corpsstudenten stellen – der Brücklmeierverein wird
versuchen, dieser zweifellos vorhandenen Anforderung gerecht zu werden.
Theodor Körner Thuringiae Leipzig, Guestphaliae Berlin (l.), das Parlament in der Frankfurter Paulskirche 1848
Wer aus den Reihen der alten Corps zog mit dem Leipziger Thüringer Theodor Körner (Bild links) gegen Napoleon ins Feld? Wer zog mit Friedrich Hecker, der drei Heidelberger Corpsbänder trug, 1848 durch Baden, um den ersten demokratischen Staat auf deutschem Boden zu gründen? Wer kämpfte im amerikanischen Bürgerkrieg? Welche Corpsstudenten beteiligten sich an den konkreten Versuchen, das Regime des Nationalsozialismus zu beseitigen? Wer aus ihren Reihen kämpfte gegen kommunismus und Sozialismus? Denn vor den Weltkriegen war hierzulande fast jeder auf eine bestimmte Weise „korporiert“, ob Bäckermeister, Offizier – oder Student. Nur die Studenten pflegten indes die spezielle akademische Tradition, eingeschlossen das Recht, eine Waffe zum Schutz zu führen – woraus das heutige Mensurwesen entsprang. Eine große Gruppe, die sich diese Tradition erhalten hat, sind die Corpsstudenten. Mit ihnen verwandt sind andere Korporationen, so die Burschenschaften, die Landsmannschaften und die konfessionell gebundenen Verbindungen, aber auch der Wandervogel und die gesamte „bündische Jugend“, darin auch „Weiße Rose“. Historiker und Privatgelehrte sind herzlich eingeladen, dem Brücklmeierverein ihre Beiträge vorzustellen und auf den diversen Konferenzen zur Studentengeschichte ihre Ergebnisse vorzutragen.
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